Mittwoch, 18. Juli 2007
"Wer A sagt, der muss auch B sagen."
Michael Antwerpes - ARD-Mann fürs Radfahren - verrichtete heute Mittag seinen Dienst bestimmt zu vollster Zufriedenheit seiner Chefs. Antwerpes hatte "Erschütterndes" von der Tour zu berichten: Der deutsche Patrik Sinkewitz vom T-Mobile Team sei am 9. Juni bei einer Dopingkontrolle positiv aufgefallen - erhöhter Testosteronwert. Die B-Probe stünde noch aus. ARD und ZDF, so der Reporter weiter, würden die Berichterstattung aus diesem Grund vorerst beenden. Dies sei ja im Vorfeld der Tour für den Fall der Fälle, der nun eingetroffen sei, so angekündigt worden. "Und wer A sagt, der muss auch B sagen." Die Beschwerde des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR), damit würden ARD und ZDF den Generalverdacht auch auf saubere Fahrer lenken, kommentierte Antwerpes mit einem süffisanten: "Da kann ich nur sagen. Selbst schuld." ARD-Programmdirektor Günter Struve und ZDF-Chefredakteur Nikolaus Bender, die sich plötzlich der Doping-Bekämpfung verschrieen haben, dürfte Antwerpes' Auftritt gefallen haben. Dabei vollziehen ARD und ZDF in diesen Tagen einen Paradigmenwechsel im Eilverfahren: Ein ganzes Jahrzehnt lang waren die Öffentlichen mehr als nur objektive Begleiter der Tour. Ullrich wurde zur Radsport-Ikone stilisiert; das Duell Ullrich gegen Armstrong war in deren Berichterstattung auch das Duell zwischen einem "ungemein talentierten Fahrer" und einem "Fahrer, der Unmenschliches leistet". Oder anders ausgedrückt: Armstrong dopt, Ullrich nicht. ARD und Team-Telekom waren sogar so sehr miteinander verwoben, dass ihr Radsport-Kommentator Hagen Boßdorf nebenbei auch bei dem Bonner Kommunikationsunternehmen als Moderator unter Vertrag stand. Die Interessenverquickung mündete in mitunter peinliche Parteinahme Boßdorfs für das Team Telekom. Die ARD schaute Boßdorf zu und reagierte erst, als dieser aufgrund des öffentlichen Drucks für den Radsport nicht mehr tragbar war. Statt im Radsport, sollte Boßdorf als Reporter im Schwimmen eingesetzt werden - anstelle des kritisch hinterfragenden Hajo Seppelt. Der Aufschrei in der Öffentlichkeit war erneut groß. "Dieser Mann darf nicht mehr länger Sportkoordinator der ARD bleiben!", forderte die FAZ vor wenigen Wochen. Die ARD kam dem nach und trennte sich von Boßdorf Anfang 2006. Marcel Wüst traf dasselbe Schicksal wenige Wochen später. Mit dem Boykott der Berichterstattung gefallen sich die Öffentlichen nun in der Rolle der Vorreiter für den sauberen Sport. Grundsätzlich ist dagegen nichts einzuwenden. Nur darf nicht vergessen werden, dass ARD und ZDF bis vor kurzem Teil des schmutzigen Radsports waren.

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